Veröffentlicht am
30. Dezember 2020
Lesezeit
11 Minuten

Lernen Sie Barry kennen

Lernen Sie Barry kennen: Er ist ein "Industry Connector" bei AXOM (heutzutage sagen wir nicht mehr Ersatzteilmanager) und arbeitet in einer Fabrik im Westen Deutschlands. Es ist der 22. November 2030, 9:06 Uhr, und Barry hat einen Schluck von seinem ersten Kaffe an diesem Tag, genommen. Er geht von seiner Küche in seinen großzügigen, offen gestalteten Bürobereich zu Hause. "Gott, das hat mir gerade noch gefehlt", denkt er, während er schlürfend den virtuellen Überblick über die Fabrikhalle auf dem größten seiner drei Bildschirme betrachtet. Er tippt auf sein kabelloses Trackpad und scannt mit leicht zusammengekniffenen Augen die drei Bildschirme, die er jeden Morgen überprüft. 49 von 50 der Maschinen in der Fabrik laufen reibungslos: "Sag mir nicht, dass Nummer 033 wieder Probleme hat", denkt er, den Mund vor dem nächsten Schluck schwebend. Nein: Es ist die Maschine 018. Das ist ungewöhnlich, "die Maschine 018 ist doch sonst gut drauf", denkt er.  


Er fährt mit der Maus zu Bildschirm 2 und prüft den Status der Fix'r-Desktop-App: dort ist alles in Ordnung. Er schaut sich das Fix'r-Betriebsprotokoll an. Gestern Abend hatte die App bereits das Problem identifiziert: ein defektes Teil. Sie hatte auch einige Optionen im Umgang mit dem Problem vorgeschlagen: das Teil bis zum Mittag liefern lassen, für mehr, als er normalerweise zu zahlen bereit wäre, oder ein kostenloses Teil von einem anderen Werk eine Tagesreise entfernt beschaffen ("Gott sei Dank gibt es internes Pooling", denkt Barry für sich). Barry reibt sich das Kinn. Nein, das Warten lohnt sich nicht, denkt er. Es ist Weihnachten und alle Maschinen müssen auf Hochtouren laufen. "Fix'r, verarbeite Option 1", sagt er in Richtung des Computers.  


In der Zwischenzeit meldet sich Fix'r mit seiner täglichen "Guten Morgen!"-Übersicht. Gelb hervorgehoben warnt Fix'r, dass Maschine 42 in etwa 25 Tagen einen neuen Sonic Compressor benötigen wird. "Nun, was sind die Optionen, Fix'r?", fragt Barry und betrachtet einen digitalen Zwilling von Maschine 42, auf dem Fix'r mögliche Schwachstellen markiert hat. "Es gibt ein Teil, mit einer Lieferzeit von etwa zwei bis drei Werktagen, das sich in einer 500 Kilometer entfernten AXOM-Fabrik befindet", gibt Fix'r fröhlich (zugegebenermaßen etwas roboterhaft) zurück. "Alles klar, mach's Fixie", zwitschert Barry und stellt seine Kaffeetasse etwas zu enthusiastisch auf den mit Eselsohren versehenen Korkuntersetzer auf seinem Glastisch zurück.  


"So, der erste Teil meines Tages ist geschafft", denkt Barry, als er sich in das AXOM-Wohlfühlportal einloggt und seine übliche 9:45 Uhr "Yin-Yang"-Online-Yogastunde auswählt. "Fix'r, bitte übernimm, ich bin in 60 Minuten zurück!", ruft er und rollt seine Yogamatte aus...

Die Zukunft der Ersatzteile: Schon bald untwerwegs zu Ihnen

Barrys Morgenroutine mag sich anfühlen, als wäre sie Lichtjahre entfernt, aber das Ersatzteilmanagement hat gerade jetzt ein sehr hohes Innovationspotential. Seine Geschichte bietet uns nur einen kleinen Einblick, wie das Ersatzteilmanagement in den nächsten 10-20 Jahren aussehen könnte. Neue Geschäfts- und Betriebsmodelle entstehen, da technologische Entwicklungen und finanzieller Druck die Art und Weise, wie das Ersatzteilmanagement im Alltag abläuft, verändern.


Wir differenzieren den Hype von der echten Innovation und tauchen tief in die mögliche Zukunft der Ersatzteile Ihres Unternehmens ein.


Die Zukunft der Ersatzteile: Schon bald untwerwegs zu Ihnen

Die Ersatzteil-Innovationen, die Sie kennen müssen

1) Ersatzteile „as a Service“

Das Abo-Modell hat fast jeden Bereich unseres Lebens übernommen - von Musik (Spotify) über Fitness (Class Pass) bis hin zur Arbeit (sogar Microsoft macht es jetzt!). Das Ersatzteilgeschäft ist da keine Ausnahme. Es gibt zwei wichtige Abo-Optionen für Ersatzteile.

Ersatzteilzugang „as a Service“

Hier zahlen Sie eine Abonnementgebühr, um schnell Zugriff auf Ersatzteile zu haben. Sie brauchen immer noch jemanden im Haus, der die Ersatzteile überwacht, aber Sie müssen keine Teile mehr auf Lager haben. Stattdessen bezahlen Sie mit Ihrer Abonnementgebühr ein Unternehmen, das die Ersatzteile besitzt oder selbst einen Vertrag mit einem anderen Unternehmen hat, das ebendiese besitzt. Das Ziel ist es, dass Sie nicht mehr in Ersatzteile investieren müssen (CAPEX), während Sie gleichzeitig Zugang zu einem Service haben, der wahrscheinlich eine maximale Lieferzeit für kritische Teile garantiert, die niedriger ist als die, die Sie momentan haben. Außerdem sind die Teile, die Sie erhalten, immer die richtigen, besten und neuesten. Das schlägt alte oder sogar veraltete Teile, die seit Jahren in den Ersatzteillagern der Fabriken liegen, um Längen.

Wartung „as a Service“

Dieses Modell ist im Grunde Maschinenlaufzeit „as a Service“. Das bedeutet, dass das Unternehmen, das das Abonnement anbietet, sich um den gesamten Lebenszyklus Ihrer Maschine kümmert. Dieses übernimmt also mehr oder weniger das Ersatzteilmanagement für Sie, als Bestandteil eines größeren Pakets, das sich effektiv um die gesamte Wartung der Maschine kümmert. Dieser Service wird zunehmend von den Herstellern von Maschinen als Erweiterung der Garantie angeboten (ein bisschen wie Apple Care), aber auch von anderen Unternehmen.

Es ist wichtig anzumerken, dass diese Idee nicht gerade neu ist: Hersteller und andere Unternehmen machen das schon seit einer Weile. Neu ist, dass die Maschinenbetreiber aufgehört haben, (nur) die Maschine zu verkaufen, und stattdessen die Leistung bzw. die Verfügbarkeit anbieten. Anstatt also eine Abfüllanlage zu verkaufen, könnte der Maschinenbauer nun Betriebsstunden oder sogar eine bestimmte Menge an abgefüllten Flaschen verkaufen.

2) Pooling 

Ersatzteilpooling bedeutet, einen einzigen Zugangspunkt für alle Ersatzteile zu schaffen. Dies kann z. B. über ein Online-Ersatzteil-"Marktplatz"-System erfolgen. Es gibt zwei verschiedene Ebenen des Poolings. Die erste ist das interne Pooling, bei dem alle Ersatzteile innerhalb Ihres Unternehmens, über all Ihre Standorte hinweg, an einem Ort zugänglich sind (wahrscheinlich eine Online-Plattform). Auf diese Weise kann jeder, der ein Ersatzteil benötigt, zu jedem Zeitpunkt intern darauf zugreifen.  

The second is external pooling, where you enter a pool with external parties outside your company, for example, other similar companies, suppliers of spare parts, machine manufacturers, and so on, either only as a buyer of spare parts or a seller too. The IATP - International Airlines Technical Pool - a pool of over 100 airlines sharing aircraft recovery kits, aircraft parts and tooling, ground handling equipment, and manpower/facilities - is probably the best global example of an external pool. To find out more about pooling, take a look at our last article.

3) 3D-Druck

3D-Druck ist das, wonach es sich anhört: das Ausdrucken von Ersatzteilen, wie und wann Sie diese brauchen. Anstatt Ersatzteile physisch zu lagern, lagern Sie sie in einem "virtuellen Inventar" und drucken die entsprechenden Ersatzteile, wenn Sie sie brauchen. 3D-Druck klingt verblüffend - er bietet verringerte Lagerkosten und die Möglichkeit, jedes Teil zu jedem Zeitpunkt zu drucken, was besonders für die Kleinserienfertigung attraktiv ist.  

Für viele Branchen ist dies jedoch im Moment keine praktikable Option und es sieht auch nicht so aus, als ob dies in naher Zukunft der Fall sein wird. Obwohl es natürlich einige Branchen gibt (vor allem die Luft- und Raumfahrt), in denen dies bereits Realität ist, ist es für die meisten anderen Branchen noch lange nicht die beste Option. Zunächst einmal sind 3D-Drucker extrem teuer und brauchen sehr lange, um Produkte zu drucken. Es ist nicht so, als würde man einen Zwei-Sekunden-Flyer ausdrucken: Der Druck physischer Objekte kann zwischen 1 und 5 Tagen dauern. Zweitens können 3D-Drucker noch nicht mit allen Materialien drucken. Metalldruck ist zwar möglich, aber nicht für alle Arten von Metall und das kann große Probleme bei der Herstellung bestimmter Ersatzteile aufwerfen. Drittens werden einige Ersatzteile nicht unbedingt für den freien Druck zur Verfügung stehen. Ihr Design könnte im Besitz des Unternehmens sein, das die Maschine hergestellt hat und darf nur von anderen Unternehmen verwendet werden, die eine Lizenz haben. Nichtsdestotrotz ist dies eine Entwicklung, die man im Auge behalten sollte, da sie einige gute Dinge verspricht.

4) Prädiktive Ersatzteile über IoT und KI

Das Internet of Things (IoT) und Künstliche Intelligenz (KI) werden oft als Allheilmittel für alle Probleme der Welt angepriesen. Sicherlich sollten wir in einigen Bereichen skeptisch sein, was ihre Anwendung angeht, aber wenn es um Ersatzteile geht, könnten sie äußerst nützlich sein.  

IoT in Ersatzteilen funktioniert, indem Sensoren in Maschinen platziert werden, die deren Leistung überwachen und anzeigen und so erkennen, wann ein Teil ersetzt werden muss. Diese Sensoren senden Daten drahtlos an Gateways, die sie dann an Software weiterleiten, wo sie für den Endbenutzer (hier ein Ersatzteilmanager) visualisiert und/oder analysiert werden können. Die KI kommt hier bei der Analyse der Daten ins Spiel: jede Software, die Datenanalyse einsetzt, um zu modellieren, was mit Ihren Maschinen passieren könnte, verwendet eine Art von künstlicher Intelligenz. In der Fertigungswelt ist auch zunehmend von "digitalen Zwillingen" die Rede: virtuelle Nachbildungen der Fabrikhalle, die als Simulation (in der Regel basierend auf zuvor gesammelten Sensordaten) "laufen" und modellieren können, wann genau eine Maschinenwartung durchgeführt oder Ersatzteile beschafft werden müssen.  

Die grundlegende Tatsache ist: Wenn Sie genügend Sensoren in genügend Maschinen haben, haben Sie viel mehr Daten, mit denen Sie (über KI) modellieren und prognostizieren können, wann Sie möglicherweise Ersatzteile benötigen. Und das wächst nur mit der Zeit - je länger Sie Sensoren in einer Maschine haben, die über ihre Leistung berichten, melden, wenn ein Teil kaputt geht, und je mehr Maschinen dies insgesamt tun, desto genauer werden Ihre Vorhersagemodelle sein. Dies ermöglicht den Bedienern eine bessere Planung – sie können schon vorher wissen, dass ein bestimmtes Teil in einer bestimmten Maschine wahrscheinlich in drei Wochen kaputt gehen wird, so dass sie, wenn sie es innerhalb von einer Woche bestellen, abgesichert sind und jegliche Ausfallzeit vermeiden. Das heißt, sie müssen nicht warten, bis ein Teil ausfällt: Sie können es im Voraus ersetzen.  

Dies wird in Zukunft wahrscheinlich Standard werden. Allerdings gibt es derzeit noch einige Hindernisse für diese Methode. Das größte Hindernis besteht darin, dass viele Maschinen noch keine Sensoren haben und Unternehmen nicht über die Werkzeuge und Fähigkeiten verfügen, um diese Analysen durchzuführen. Daher sind die aktuellen Vorhersagen, die über IoT und KI gemacht werden, in der Regel nicht so präzise, wie es erforderlich wäre. Wir könnten lediglich wissen, ob ein Teil in den nächsten 2 Stunden oder in den nächsten 6 Monaten kaputt geht. Das bedeutet, dass in den nächsten Jahren ernsthafte Investitionen in die richtige Ausrüstung erforderlich sind, um die vorausschauende Wartung wirklich praktikabel und effektiv zu machen.

5) Track and Trace - Ersatzteile besser lokalisieren und verwalten

Ersatzteile zu finden und zu lokalisieren ist, wenn hunderte oder tausende von ihnen über verschiedene Standorte verteilt sind, eine große Herausforderung. Oft wissen Unternehmen einfach nicht, wie viel eines bestimmten Ersatzteils sie vorrätig haben (oder ob sie es überhaupt haben), was extrem kostspielig ist und zu Verschwendung führe kann. Mit RFID (Radio Frequency Identification) und "intelligenten Regalen" wird dieses Problem gelöst. RFID-Etiketten enthalten winzige Funktransponder, die mithilfe elektromagnetischer Felder automatisch identifiziert und verfolgt werden können. Bringt man diese sogenannten Tags an Gegenständen an, können diese geortet und nachverfolgt werden. Durch den Einsatz eines "intelligenten Regal"-Systems, bei dem alle Ersatzteile mit Tags versehen sind, wissen Sie also genau, wie viele Teile Sie in Ihrem Lager haben. Dies wird dringend benötigt. Lagerarbeiter arbeiten möglicherweise in einer Umgebung mit mehreren tausend Teilen, die sie sehr schnell identifizieren müssen. Wenn Daten fehlen - oder sie einfach nicht wissen, wie sie das betreffende Teil finden können - kann der gesamte Betriebsablauf der Fabrik aufgehalten werden. RFID ist eine Möglichkeit, eine einfache Lösung für ein schwieriges Problem.

Hype oder echte Innovation für Ersatzteile? Unsere Top-Auswahl

Unser Top-Hype:3D-Druck

Warum?

Der Hype um den 3D-Druck ist echt: Es scheint eine erstaunliche Lösung zu sein, aber die Technologie ist einfach noch nicht ausgereift und es gibt viele unvorhersehbare Themen, die verhindern, dass es die erhoffte Lösung für Ersatzteile ist.


Our top true innovation: Pooling

Warum? 

Die Wissenschaft steht hinter dem Pooling und es ist eine einfache, aber höchst effektive Strategie, die durchaus umsetzbar ist. Auf der Grundebene wird man durch Pooling enorm effizient - und diese Effizienz führt zu massiven Kosteneinsparungen. Eine Fallstudie von Kranenburg und van Houtum aus dem Jahr 2009 bei ASML, einem OEM in der Halbleiterindustrie, zeigte beispielsweise, dass durch Pooling bis zu 50 % der Kosten im Ersatzteilmanagement eingespart werden können. Ein Artikel von Karsten und Basten aus dem Jahr 2014 legt ebenfalls nahe, dass durch Pooling jährliche Einsparungen von 44 % erzielt werden können. 

Neue Technologien machen das Ersatzteilmanagement intelligenter und besser

Letztlich sind dies nur 5 mögliche Innovationen in der Ersatzteilindustrie. Es existieren noch viele weitere, die in diesem Artikel nicht besprochen wurden - oder in den kommenden Jahren noch auftauchen werden. In der Realität wird das Ersatzteilmanagement der Zukunft wahrscheinlich viele oder alle dieser Strategien und Technologien kombinieren, um das optimale Betriebsmodell zu erreichen. Sie könnten zum Beispiel für einen Abonnement-Service bei einem Unternehmen bezahlen, das einen intelligenten Pool anbietet, der mithilfe von KI über mehrere Lagerräume hinweg so schnell wie möglich ein Ersatzteil findet und das alles unter Verwendung von RFID-Tagging. Es geht nicht darum, die beste Ersatzteilmethode zu finden, sondern herauszufinden, welche betrieblichen Innovationen (in Bezug auf den Prozess oder die Technologie) das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens am besten optimieren können. Nur so können Sie Ihr Unternehmen zukunftssicher machen und ihm gleichzeitig helfen, im Hier und Jetzt zu wachsen.